Mein drittes Leben
In diesem äußerst beeindruckenden Roman von Daniela Krien steht im Zentrum die Verarbeitung des plötzlichen Todes eines nahestehenden Menschen. Die Ich-Erzählerin Linda und ihr Mann verlieren ihre 17-jährige Tochter durch einen tragischen Fahrradunfall. Sie beide gehen gänzlich unterschiedlich mit diesem Verlust um, so dass sich Linda schließlich auf eine Hofanlage in einem kleinen Dorf zurückzieht. Die Besuche ihres Mannes bilden noch die einzige Brücke zu ihrem alten Leben in Leipzig. Ein Hund leistet ihr Gesellschaft, die Beschäftigung im Garten gibt ihr ein wenig Halt. Immer wieder taucht sie in die Vergangenheit ab und denkt über Entscheidungen nach, die sie Jahre zuvor getroffen hat. „ All das Unerledigte, Unterlassene, Ungesagte in unserem Leben verschwindet nicht. Es sammelt sich in uns, gärt und brodelt, und manchmal bricht es heraus.“ Zunächst hat sie nur vereinzelt Kontakt zu den Menschen im Dorf, die ihre Vergangenheit nicht kennen. Sie lernt aber mit Hilfe dieser neuen Bekanntschaften, sich an den kleinen Dingen des Lebens wieder zu erfreuen. Es ist ein langwieriger, tastender Prozess zurück ins Leben, den Linda geht. Dank des schriftstellerischen Könnens der Autorin sowie ihres hohen Einfühlungsvermögen in die Seelenlage ihrer Protagonistin kann der Leser diesen Weg hautnah miterleben und dabei in den Genuss eines ausgewogenen und klugen Romans kommen, bei dem mancher Satz im Kopf des Lesers nachhallt.